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Interview
	 
	Wenn das Leben uns
	gefällt,
	dann muss auch 
	der Tod,
	der von der Hand desselben
	Meisters kommt, uns
	gefallen.
	Michelangelo
	
	
	Den allerletzten Raum habe ich nicht gesehen. Die Tür des Universums, die 
	sich für einen Augenblick vor mir geöffnet hatte, 
	schloss sich wieder, und eine Macht stieß mich zurück 
	in die Welt der Materie, des Raumes und der Zeit.
	Ich erwachte auf der Kardiologischen Intensivstation der 
	Internationalen Klinik in Lima, Peru. Plötzlich 
	schlug ich die Augen auf, nahm die Gegenstände und Menschen um mich herum 
	wahr, erkannte jedoch nichts. Meine Augen sahen
	zwar, gaben aber keine Erfahrung an mein 
	Gehirn weiter, ebenso erging es meiner Nase, meinen 
	Ohren, meinem Tastsinn. Ich sah, roch, hörte, fühlte 
	— nichts weiter. Alle früheren Erinnerungen und Erkenntnisse in mir waren 
	gelöscht, nur Reflexe wie Essen, Schlucken, Atmen 
	funktionierten wieder. Ich war wie ein neugeborener Säugling.
	
	Ich war wiedergeboren.
	
	Was passierte in der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 
	1982?
	Den Tag hatte ich mit Arzt- und Laborbesuchen in Lima verbracht, Obwohl ich 
	mich zum ersten Mal seit Monaten wieder wohlfühlte. 
	Eine heitere Leichtigkeit hatte mich ergriffen, ich
	schwebte fast von Wartezimmer zu Wartezimmer. Schmerzen verspürte ich 
	keine mehr. Und trotzdem musste ich in meiner 
	Anamnese diese ungewöhnlichen Symptome schildern, die 
	nach der Behandlung meiner Typhus- und Brucellose
	Erkrankung in den letzten drei Monaten aufgetreten waren: Von einer Sekunde zur anderen 
	verlangsamte sich mein Pulsschlag auf kaum noch 
	fühlbare zwanzig Schläge, meine Körpertemperatur sank unter 34, auf nicht mehr 
	messbare Grade ab, und in meinem 
	Kopf, in meinen Blut- und Nervenbahnen tobten und 
	krampften entsetzliche Schmerzen, bevor ich in 
	Ohnmacht
	fiel. Doch jedes Mal war der schlimme Zustand 
	schlagartig vorüber und ich erholte mich in einem langen Heilschlaf.
	
	
	Da ich mit meinem Mann in einem kleinen Dorf in der 
	sogenannten Selva Central im Osten Perus lebte, in 
	dem es keine medizinische Versorgung gab, erhoffte ich mir jetzt von den 
	Ärzten in der Hauptstadt Lima eine Diagnose und 
	Hilfe. Im Labor wurde mir Blut zur Untersuchung auf
	verschiedene tropische Krankheiten abgenommen, und für den nächsten 
	Tag wurde ich zu einer kardiologischen Untersuchung in die CliniCa
	Internacional bestellt. Der Arzt, der mich behandelte, 
	wollte mich dort dem besten peruanischen Kardiologen, 
	einer in den USA ausgebildeten Kapazität, vorstellen.
	
	Nach den Arztbesuchen war es später Nachmittag geworden, und bis ich mich 
	mit meinem Mann in einem Lokal treffen wollte, lief 
	ich
	durch die Straßen von San Isidro, einem hübschen Stadtteil von Lima. In den 
	Vorgärten der weißen, im Kolonialstil erbauten Villen 
	blühten
	leuchtendrot die Weihnachtssternbäume. Die Sonne 
	hatte sich durch den Küstennebel, die Garúa, 
	gekämpft und schaute nun ein wenig apathisch und kraftlos auf die Stadt, die sie sieben 
	Monate im Jahr nicht zu Gesicht bekommt, weil
	sie in dichten Nebel gehüllt ist.
	
	Während ich dahinschlenderte, spürte ich wieder diese heitere, glückliche 
	Gelassenheit, die meinen Körper und meine Seele seit 
	dem Morgen erfasst hatte, und die sich bis zum Abend in
	eine grundlos, jubelnde Euphorie steigern sollte.
	Ich wusste nicht, warum ich mich so unbeschreiblich glücklich und 
	leicht fühlte, und wer mir 
	beim Gehen, das fast ein Schweben war, zuflüsterte, dass der einmaligste 
	Augenblick meines Lebens bevorstand. Das Große, 
	Einzigartige
	konnte doch nicht Weihnachten sein, das vor der Tür 
	stand?
	
	Heute weiß ich natürlich, dass ich damals an jenem späten Nachmittag des 7. 
	Dezembers auf der Schwelle des Todes stand und dass 
	mir die Kräfte der Ewigkeit dieses unbeschreibliche 
	Vor-Glück bescherten. Ich verstehe auch, wovon 
	Kleist spricht, wenn er schreibt: >>Heiter, wie in
	der Nähe einer Todesstunde«.
	
	
	Im >Vivaldi< in Miraflores traf ich meinen Mann. Wir 
	nahmen einen Pisco sour und bummelten danach durch die Calle La Paz auf der 
	Suche nach Weihnachtsgeschenken. Mir ging es gut. Das 
	innere Glück bescherte mir einen geheimnisvollen 
	Antrieb. Zum Abendessen wählten wir ein Fischlokal im Künstlerviertel 
	Barranco. Dort saß ich neben meinem Mann reglos am Tisch, horchte in
	mich und bestaunte die stillen Vorgänge in meinem Körper wie ein 
	Wunder. Ich sagte zu meinem Mann, mir sei eigenartig 
	feierlich zumute. Hunger verspürte ich nicht, ich bestellte nur eine
	Fischsuppe, und als die Parihuela kam, hörte ich
	nach Wenigen Löffeln zu essen auf. Wir gingen 
	bald in die kleine Pension von Freunden zurück, bei 
	denen wir immer während unserer Aufenthalte in Lima 
	wohnten. Dieses Mal hatten wir das große, holzgetäfelte Zimmer im Erdgeschoß 
	bekommen. Die Betten standen sich gegenüber entlang 
	der Wand, im Abstand von drei Metern. Ich konnte 
	nicht einschlafen. Eine unbekannte Macht trieb und 
	schraubte meine Seele hoch, immer höher, bis sie an ihrem höchsten, 
	ekstatischen Punkt ankam. Plötzlich nahm ich wahr,
	wie alle inneren Organe, einschließlich des Magens und des Darms, schwach 
	wurden, sich einfach fallen ließen, als könnten sie sich an ihrem
	Platz nicht mehr halten, als hätten sie der Erdanziehung nachgegeben. 
	Trotz meiner Schwäche stand ich auf und ging ins Bad. 
	Mein Darm stieß seinen Inhalt, seine Last vollständig 
	ab, und die
	Ärzte schrieben später in ihrem Bericht, dass kein
	Essensrest in mir zurückgeblieben war.
	
	Auf die Idee, meinen Mann zu wecken, kam ich nicht. 
	Ich taumelte in mein Bett, lag bewegungslos und wartete, dass die 
	todesähnliche Schwäche, die jetzt auch meine Lungen 
	erfasst hatte, vorbeiginge. Von einer Sekunde zur anderen füllte sich
	mein Brustraum mit einem berstenden Schmerz. 
	Es war wie ein inneres Erdbeben, eine Detonation, mein Herz lief Amok! Der 
	Schmerz katapultierte mich ins schwarze Nichts, meine Welt hielt
	den Atem an, stand still, totenstill.
	Es war vier Uhr früh.
	Zur exakt selben Zeit — wie meine Mutter und ich 
	später rekonstruierten — ereignete sich zwölftausend Kilometer östlich von 
	Lima, in München, das Folgende: Meine Mutter ging durch
	ein Zimmer in ihrem Haus, da hatte sie plötzlich
	das Gefühl, als ob jemand sie riefe. Sie blieb stehen, lauschte. Und 
	in diesem Moment, so erzählte sie mir, ergriff eine gewaltige Kraft sie von 
	hinten und stieß sie um.
	>>Wie ein Baum wurde ich mit einem Hieb gefällt!«, 
	sagte sie. Mit komplizierten Brüchen kam sie zur 
	selben Zeit wie ich in ein Krankenhaus in München.
	
	
	In unserem Pensionszimmer in Lima erwachte mein Mann, 
	der sonst einen festen, konstanten Schlaf hat, Punkt 
	vier Uhr. Er roch den Tod im Zimmer. 
	Wenn es soweit ist, entscheiden andere. Mein 
	Mann begriff instinktiv die Situation, handelte 
	sofort, trug mich in den Jeep und erreichte mit
	mir fünfzehn Minuten später das Krankenhaus.
	Eilends wurde ich an Schläuche angeschlossen, 
	verkabelt, künstlich beatmet und mein Herz massiert. Um vier Uhr dreißig war 
	die peruanische Herzkapazität, Dr. Abugatass, bereits 
	an meinem Bett. Der äußere, medizinische Ablauf wurde 
	in meiner Krankengeschichte festgehalten — 
	Myokarditis durch Typhusbakterien, Bradykardie-Ta-
	chykardie-Syndrom, Sick Sinus, Kammerflimmern, Herzstillstand —, doch mein 
	inneres, subjektives Erleben war anders:
	Mein Herz empfinde ich als ein außer Kontrolle geratenes 
	Kettenkarusell, das sich in atemberaubender Geschwindigkeit dreht, nach 
	außen und hoch in den Himmel katapultiert wird, 
	jedoch vom Angekettetsein nicht loskommt, plötzlich ohne Übergang abbremst, 
	stillsteht, bis es
	sich wieder rasend in Bewegung setzt. Mein Herz 
	zeigt, was im Menschen ist: das Sprengen von Grenzen 
	und das sich Zurückziehen bis zum Urpunkt. Schlag und 
	Pause ohne Rhythmus, außer Kontrolle das Außen und das Innen. Immer
	wieder holt mich ein nicht auszuhaltender 
	Schmerz in meinem Brustraum kurz ins Bewusstsein zurück, bis ich entfliehe.
	
	
	Ich habe mich geteilt. Meine Seele und mein Geist 
	haben den Körper verlassen, schweben und blicken 
	jetzt von oben auf das Zimmer mit dem Bett und den 
	Apparaten, auf einen Verkabelten Körper und Menschen 
	im Zimmer. Ich sehe auf dem Monitor einen waagrechten 
	Strich, ich höre den Alarmton pfeifen. Mein Mann, 
	zwei Ärzte und drei Krankenschwestern sind bei mir, 
	aber alle diese Menschen sind gleich weit von mir 
	entfernt, für alle empfinde ich dasselbe Gefühl der
	Liebe, alle erkenne ich als mir nahestehend. Das 
	Eigenartige ist, dass ich mich weder zu meinem Mann, 
	den ich auch gar nicht als Ehemann erkenne, noch zu der Gestalt, die dort 
	unten auf dem Bett liegt, liebevoller angezogen 
	fühle. Meine außerirdischen Augen unterscheiden wohl 
	nicht mehr.
	
	Wie viel reale Zeit verstreicht, bis die nächste 
	Phase beginnt, kann ich nicht sagen. Plötzlich reißt 
	ein Vorhang auf und aus einem Schreckensfüllhorn werde ich von meinen 
	eigenen schlechten, unguten und lieblosen Gedanken und Taten
	überschüttet. Alles aus meinem vierzigjährigen 
	Leben war hier gespeichert, nichts, nicht die
	unbedeutendste Kleinigkeit fehlte; kein böser Blick, 
	der an einer grünen Ampel einen Fußgänger traf, kein Schimpfwort, das einem 
	mich überholenden Autofahrer galt, kein 
	unfreundliches Wort in einer Kassenschlange wartend gesagt! Nicht 
	nacheinander purzeln die Erinnerungen aus mir heraus, nein, gleichzeitig 
	werde ich mit allem konfrontiert, was jemals an 
	Negativem, Gleichgültigem, Hartem und Bösem von mir 
	ausgegangen war, und wieder gleichzeitig fließen die 
	Reaktionen und getroffenen Gefühle aller Menschen, 
	die ich Verletzt habe, zu mir zurück.
	
	Ich werde in den Sog eines übermächtigen Erkennens gezogen, dessen Meßlatte 
	die Liebe ist und zwar die Liebe zu jedem Menschen, 
	der mir in meinem Leben begegnet war. Da ist niemand,
	der mich verurteilt, kein Richter richtet mich,
	und auch ich selbst richte mich nicht. Ich bin in
	die Vollkommenste, allumfassendste Liebe gehüllt und erkenne selbst, 
	wo ich gegen die Liebe verstoßen habe.
	
	
	Der Schmerz und die Reue, die meine Seele in diesem 
	Fegefeuer erfahrt, sind unermesslich groß und sie 
	bewirken, dass ich, als ich meinen Nahtod überstanden 
	habe, mir verspreche, so bewusst zu leben, dass ich 
	keinen Menschen, kein Tier und auch nicht die Natur 
	mit einem bösen Gedanken oder einer schlechten Tat 
	verletzen werde.
	
	Danach entsteht in meiner Mitte, über der Nabelgegend, ein rechtsdrehendes 
	Licht, das alles, was mich ausmacht, ansaugt, 
	einsaugt und als es vollgesogen ist, steigt die 
	immerzu rechtsdrehende Lichtquelle wie eine Säule zu meinem Scheitel
	und entweicht aus meinem Körper durch die Fontanelle. In diesem 
	Moment geschieht etwas Großes, ich selbst werde zur Lichtpyramide 
	und alles leuchtet in den Farben Weißgold, rosarot 
	und lila-blau. Ich bin das Licht und da bin ich allwissend
	und allsichtig auf einer Ebene, die es im materiellen Sein nicht 
	gibt. Ich weiß um alle Geheimnisse der Schöpfung, des 
	Menschen und um das >Ewige Nichts<. Nur in diesem 
	Zustand verstehe ich die Allmacht 
	des Nichts, der Null, die nichts und doch alles, nämlich unsere einzige Wahrheit ist!
	Ich bin das Licht und ich bin die Glückseligkeit. Das Ausmaß meines Glücksempfindens ist
	so stark, so groß, so grenzenlos, wie ich es niemals zuvor erlebt habe. Es ist Lichtjahre entfernt
	vom höchsten Glück auf Erden. Es ist der Himmel der seienden Liebe und des seienden Nichts.
	
	
	Dr. Abugatass holte mich zurück ins Leben. Nicht nur mit medizinischen Mitteln, gestand er
	mir, die er als Kardiologe angewandt hatte — denn medizinisch konnte er wenig für mich tun.
	>>Da half nur noch beten<<, sagte der berühmte
	peruanische Herzspezialist. Ich erfuhr von ihm, 
	dass rund um die Uhr die Ärzte und Schwestern der Intensivstation an
	mein Bett kamen, mich küßten und für mein Leben beteten. Es war eine liebende Heilung, denn
	die Küsse, die Gebete, die Anwesenheit von Menschen, denen ich etwas wert war, obwohl sie
	mich nicht kannten, haben mich in die Zeit und 
	den Raum zurückgetragen. Am eigenen Leib erfuhr ich, dass nur die Liebe zählt. Nur die Liebe
	lässt uns überleben!
	
	Die Zeit kehrte also zurück, wurde wieder meine Gegenwart, es war aber eine andere Zeit. Früher war das Leben rasend und hitzig und aufregend in mich eingedrungen und hatte mich
	mitgerissen. Intensiv und schnell hatte ich gelebt,
	war allen Forderungen und Ereignissen sofort gefolgt.
	
	Nach meinem Stillstand funktionierte ich nicht mehr. 
	Ich reagierte nicht mehr auf die Geschehnisse und den schnellen Rhythmus um 
	mich herum. Wie in Zeitlupe glitt die Welt an mir vorüber,
	so langsam, dass ich keine Fortbewegung wahrnahm. Ein Gedanke in meinem Kopf schleppte
	sich dahin, bis zur Endlosigkeit gedehnt. Meine
	Gedanken standen fast still. Nach dem kurzen, wahren Glück in der jenseitigen Welt gab es für
	mich nichts mehr zu bedenken und zu bezweifeln.
	Mein Körper hatte die früher erlernten Fähigkeiten vergessen. 
	Stillstand der Motorik. Langsam lernte ich wieder sehen und gleichzeitig verstehen, mich bewegen und gleichzeitig sprechen.
	Ich lernte z.B. ein Kissen anschauen, es als solches erkennen und Bescheid wissen. Die Zeit
	zwischen Sehen und Erkennen wurde immer kürzer, bis nur ein Wimpernschlag sie trennte,
	und nach einem Jahr eine vollständige Verschmelzung eingetreten war.
	
	
	Ich lernte wieder zu leben, aber ich wollte gar nicht leben! Eine Sehnsucht nach dem Licht, der
	absoluten Erkenntnis und der Glückseligkeit zog
	mich fort. Was sollte ich auf der Welt?
	Lange Zeit verharrte ich in der Schwebe, ich hatte 
	weder das eine noch das andere, kein Diesseits und kein Jenseits. Ich rührte mich nicht,
	denn Bewegung wäre ja die Entscheidung für das Leben gewesen. Es war dann kein spektakuläres
	Erlebnis, das mich wieder zurück in die Welt 
	brachte. Es waren meine Augen, die plötzlich begannen, neugierig zu werden und zu beobachten. Da sah ich einen bunten Schmetterling, dort
	nackte Kinder am Fluss planschen, die mich rührten, oder ich beobachtete einen Bauern bei der
	Maisernte und sah seine Freude über den Reichtum, oder meine Augen 
	folgten einer Schwangeren, wie sie behutsam Fuß vor Fuß setzte. Über 
	die Augen kamen die Kommunikation und die Gefühle für die Welt.
	Nur, es hatte sich alles Verändert. Die Menschen, die Dinge, die Natur, die Gestirne sahen
	so aus wie vorher, und doch zeigten mir meine Augen, oder war es mein Herz, eine andere Ebene auf. Ich fühlte mich den Indianern sehr nahe,
	jetzt wusste ich, was sie sahen, wenn sie schauten!
	
	
	In den darauffolgenden Jahren änderte sich
	schicksalhaft mein Leben von Grund auf. Ich verließ Südamerika, ich verließ meinen Mann, mein
	Haus, meinen Beruf. Mein Leben lebte ich fortan neu und anders, mich zog es zu den unheilbar
	kranken und sterbenden Menschen, die oft alleine auf den Tod warten. Das machte ich zu meinem Beruf. Und jedes 
	Jahr beging ich seitdem den 7. und 8. Dezember in 
	bewusster Erinnerung und Würdigung meines Nahtodes. Ich arbeitete
	an diesen beiden Tagen nicht, zog mich zurück, meditierte und betete, machte Gewissenserforschung «und dachte an den Tod. Oft ereignete
	sich an diesen zwei Tagen ein kleines Wunder, sei
	es, dass ich einen Wahrtraum hatte und mir unerwartet eine Lösung zuflog, die mich aus einer
	schwierigen Lage brachte, sei es, dass mir etwas
	Besonderes geschenkt wurde oder ich einen wichtigen Menschen traf.
	
	Einmal ereignete sich ein großes Wunder, der Dalai Lama umarmte mich. Ich war am 6. Dezember 1989 spontan zu Freunden nach Bonn gefahren, um mit ihnen meinen siebten Wieder-Geburtstag zu verleben. Der Zufall wollte es, 
	dass am 8. Dezember der Dalai Lama im Wissenschaftszentrum in Bad Godesberg vor einem ausgewählten 
	Publikum sprechen sollte. Meine Freunde hatten eine Einladung erhalten und da sie verhindert
	waren, ging ich mit ihrer Einladungskarte zu der
	Veranstaltung. Mir wurde ein Platz im Auditorium in der 9. Reihe am 
	Gang zugewiesen. Der Dalai Lama nahm zufällig diesen Gang, um zu seinem
	Vortragspult zu kommen. Als er auf meiner Höhe angelangt war, wandte er sich mir zu, faltete seine
	Hände vor der Brust, und verneigte sich vor mir.
	Erstaunt tat ich das gleiche.
	
	
	Als er seinen Vortrag beendet hatte, nahm er wieder den Weg an mir vorbei und wiederum
	blieb er stehen, streckte mir seinen linken Arm
	entgegen und umarmte mich. Wir schauten uns in die Augen und er gab mir das Gefühl, als wisse
	er um meinen besonderen Tag.
	Dieser besondere Tag in meinem Leben war die Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 1982. Und
	immer noch sehne ich mich nach der Vollkommenheit und dem Licht des glückseligen Nichts,
	von denen ich mit Gewissheit sagen kann, dass sie
	wiederkommen werden.